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04.10.2019 Genehmigung der Veräußerung und der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen

Wichtige Rechtsgeschäfte über landwirtschaftliche Grundstücke bzw. Flächen unterliegen speziellen gesetzlichen Regelungen, und zwar der Kauf dem Grundstückverkehrsgesetz (GrdstVG; in Baden-Württemberg das Agrarstrukturverbesserungsgesetz = ASVG) sowie die Verpachtung dem Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG). Die in diesen Spezialgesetzen enthaltenen Regelungen verdrängen allerdings nicht die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über einen Grundstückskaufvertrag oder über die Verpachtung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, sondern treten als öffentlich-rechtliche Bestimmungen zu diesen hinzu.

In einem bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gelangten Fall hatte sich - verkürzt - Folgendes zugetragen (der komplexe Sachverhalt wird hier nur auszugsweise, d.h. nur soweit wiedergegeben, als es für die Darstellung der Rechtsfrage erforderlich ist): in einem ersten notariellen Vertrag wurden landwirtschaftliche Flächen verkauft. Da dieses Geschäft wegen der möglichen Ausübung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts (Vorkaufsrecht einer Flurbereinigungs- und Siedlungsbehörde) zu scheitern drohte, verpachteten die Verkäufer die Flächen an den Käufer zu einer jährlichen Pacht von 500,-- € für die Dauer von 30 Jahren. Wenige Tage danach wurde der erste Grundstückskaufvertrag durch notariellen Vertrag aufgehoben und zugleich ein neuer Kaufvertrag über dieselben Grundstücke zum gleichen Preis geschlossen. Dabei wurde in diesem zweiten Kaufvertrag auf den vor seiner Beurkundung geschlossenen Pachtvertrag hingewiesen und eine Abschrift des Pachtvertrags dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt.

Nach Eingang des Antrags auf Genehmigung des neu abgeschlossenen Kaufvertrags nach dem GrdstVG teilte die Landwirtschaftsbehörde mit, dass sie ein Verfahren zur Beanstandung des dem Kaufvertrag beigefügten Landpachtvertrags eingeleitet habe. Einige Zeit darauf folgte die Mitteilung, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht ausgeübt worden sei. Ferner beanstandete die Behörde in einem weiteren Bescheid den Pachtvertrag und forderte die Vertragsparteien auf, diesen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist aufzuheben.

Es ist nicht schwer zu erkennen, dass von den Vertragsparteien eine kunstvolle Konstruktion gewählt wurde, um das Vorkaufsrecht der Siedlungsbehörde zu umgehen bzw. diese von seiner Ausübung abzuhalten. Deshalb wurde vom BGH entschieden, dass in Fällen, in denen ein genehmigungsbedürftiger Verkauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks dem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht unterliegt, die gleichzeitige oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kaufgeschäft vorgenommene Verpachtung des Grundstücks von dem Verkäufer an den Käufer eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung im Sinne von § 4 Absatz 1 Nr. 1 LPachtVG darstellt. Besonders wichtig dabei ist, dass dies auch dann gilt, wenn der Pächter ein Haupterwerbs- oder ein Nebenerwerbslandwirt ist (Nebenerwerbslandwirte werden im Regelungsbereich des GrdstVG sowie des LPachtVG den Haupterwerbslandwirten grundsätzlich gleichgestellt).

Der hier einschlägige Beanstandungsgrund einer „ungesunden Verteilung der Bodennutzung" entspricht inhaltlich der für eine Versagung der Genehmigung nach dem GrdstVG geltenden Situation, denn die Vorschriften über die Beanstandungsgründe nach LPachtVG sind den Bestimmungen im GrdstVG nachgebildet worden. Danach liegt eine „ungesunde Verteilung der Bodennutzung" in der Regel vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass eine Verpachtung bereits vorgenommenen oder von den zuständigen staatlichen Stellen zumindest beabsichtigten konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Und selbst wenn solche Maßnahmen nicht vorliegen, kann eine Verpachtung ausnahmsweise eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung darstellen, sofern nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind.

Vor diesem Hintergrund war nach dem BGH davon auszugehen, dass im Falle eines nach GrdstVG genehmigungsbedürftigen Verkaufs eines landwirtschaftlichen Grundstücks, welcher dem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht unterliegt, die gleichzeitige oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Kauf vorgenommene Verpachtung des Grundstücks vom Verkäufer an den Käufer eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung darstellt. In einem Fall wie dem vorliegenden (Umgehung des Vorkaufsrechts der Siedlungsbehörde) gilt dies auch dann, wenn der gewünschte Pächter ein Haupterwerbs- oder Nebenerwerbslandwirt ist, da derartige Verpachtungen agrarstrukturell unerwünscht sind, indem sie die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts vereiteln oder erschweren.

Dass wiederum genau dies der Zweck einer derartigen Verpachtung ist, ergibt sich daraus, dass der Pachtvertrag zwischen Verkäufer als Verpächter und Käufer als Pächter nur dann Bedeutung erlangt, wenn nicht der Käufer, sondern ein Dritter Eigentümer des landwirtschaftlichen Grundstücks wird. Denn wenn der Käufer selber das Eigentum erwirbt, erlischt das Pachtverhältnis insgesamt durch sog. Konfusion, weil sich dann alle vertraglichen Rechte und Verpflichtungen in einer Person vereinigen und niemand sein eigener Schuldner sein kann. Damit war die „Vorschaltung" des Landpachtvertrags vor dem sich anschließenden Grundstückskaufvertrag lediglich ein Mittel, um von der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts „abzuschrecken“. Ein Landpachtvertrag, der nur für das Siedlungsunternehmen und für den (mit dem Pächter nicht identischen) Erwerber, an den das Grundstück weiterveräußert werden soll, Bedeutung erlangt, steht jedoch dem agrarstrukturellen Zweck einer Unterbindung „ungesunder Verteilung der Bodennutzung“ entgegen, denn das mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgte Ziel würde durch den Pachtvertrag unterlaufen. Insofern war der Landpachtvertrag zu Recht beanstandet worden.