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21.11.2021 Gesetzliche Erbfolge

Highlights der Erbfolge

Mit „Erbfolge“ ist die gesetzliche Erbfolge gemeint, die nur eintritt, wenn eine Erbeneinsetzung durch letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) nicht vorliegt. Es darf also keine Person durch den Erblasser zum Erben eingesetzt worden sein, was im Einzelfall durch Auslegung einer letztwilligen Verfügung zu klären ist (etwa durch die Abgrenzung zwischen Erbe und bloßem Vermächtnisnehmer!). Hieraus geht auch hervor, dass eine letztwillige Verfügung zwecks Erbenbestimmung nur erforderlich ist, wenn von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden soll - was voraussetzt, dass man bei Entscheidung darüber, ob eine letztwillige Verfügung errichtet werden soll, die gesetzliche Erbfolge überhaupt kennt! Ohne Abweichung von dieser kann man sich die Mühe eines Testaments mit dem Risiko späterer Fehlinterpretationen desselben „sparen“.

Weitere Voraussetzung der Stellung als gesetzlicher Erbe ist, dass der Erbe den Eintritt des Erbfalls erlebt, also zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers selber am Leben ist.

Gesetzliche Erben einer Person sind zunächst deren Verwandte, wobei für die Zuweisung der Erbenstellung Ordnungen und Stämme maßgeblich sind.

Man beginnt mit den Ordnungen, die in einer Rangfolge zueinander stehen: die erste Ordnung bilden die Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder, Enkelkinder, usw.; die zweite Ordnung die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge und die dritte Ordnung die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (die weniger praxisrelevanten ferneren Ordnungen bleiben zwecks Vereinfachung unberücksichtigt). Dabei „verdrängen“ ranghöhere Ordnungen die nachfolgenden, d.h. ein Verwandter kann erst erben, wenn kein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung existiert. Konkret: Kinder (1. Ordnung) verdrängen Eltern und Geschwister des Erblassers (Abkömmlinge der Eltern), diese wiederum verdrängen Großeltern sowie Onkel und Tanten (Abkömmlinge der Großeltern).

Die „Rang“- bzw. Reihenfolge innerhalb einer Ordnung richtet sich nach dem Prinzip der Repräsentation: in der ersten Ordnung in einer (vom Erblasser aus betrachtet) absteigenden Linie erben Kinder vor Enkelkindern, usw. Die Kinder als unmittelbare Abkömmlinge repräsentieren also den Stamm. Bei zwei Kindern erben bei Vorversterben eines davon dessen Kinder, also Enkelkinder (sofern vorhanden) neben dem anderen Kind, das den Erblasser überlebt hat, zu gleichen Teilen. Ab der zweiten Ordnung gilt eine aufsteigende, also sich vom Erblasser „nach oben wegbewegende“ Linie: Eltern erben vor Geschwistern des Erblassers; Großeltern vor deren Kindern, also den Onkeln und Tanten des Erblassers.

Damit ist jedoch nur die „halbe Wahrheit“ der Erbfolge erfasst, denn neben dem Verwandtenerbrecht gibt es auch das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners. Dieses wird durch zwei Faktoren beeinflusst: die Ordnungen der Miterben sowie den ehelichen Güterstand. Als gesetzlichen Güterstand hat der Gesetzgeber die Zugewinngemeinschaft, also eine Gemeinschaft (nur) am während der Ehe erzielten Zugewinn festgelegt. Dieser Güterstand gilt daher stets, außer durch Ehevertrag wurde ein anderer Güterstand vereinbart (Gütertrennung oder Gütergemeinschaft). Der Zugewinn wiederum wird bei Beendigung der Ehe ausgeglichen, wobei die Beendigung nicht nur durch Ehescheidung, sondern auch durch den Tod eines Ehegatten herbeigeführt wird. Der überlebende Ehegatte kann vermögensrechtlich darauf auf zwei unterschiedliche Weisen reagieren.

Die erste (in der Praxis zumeist gewählte) Vorgehensweise ist die erbrechtliche Lösung

der Ehegatte erhält nach Erbrecht vom Nachlass seines verstorbenen Ehepartners neben Abkömmlingen (1. Ordnung) 1/4 und neben Verwandten der 2. Ordnung sowie Großeltern (3. Ordnung - Abkömmlinge der Großeltern erhalten im Verhältnis zum Ehegatten nichts!) 1/2.

Hinzu tritt der familienrechtliche Zugewinnausgleich, bei dem sich der gesetzliche Erbteil pauschal um 1/4 erhöht, so dass der Ehegatte neben Abkömmlingen des Erblassers 1/2 (unabhängig davon, wieviel Kinder vorhanden sind!) und neben sonstigen Erben 3/4 des Nachlasses erhält. Es wird also ein pauschaler Zugewinn angesetzt - ohne Rücksicht darauf, wer von den beiden Ehegatten während der Ehe überhaupt einen Zugewinn erzielt hat sowie unabhängig von der Höhe eines Zugewinns. Das kann für den erbenden Ehegatten nachteilig sein, wenn der vom verstorbenen Partner erzielte Zugewinn sehr hoch war.

Deshalb besteht als zweite Möglichkeit die güterrechtliche Lösung wie folgt:

zunächst muss der Ehegatte die Erbschaft ausschlagen - er erhält dann auf erbrechtlicher Ebene aber trotzdem den Pflichtteil in Höhe der Hälfte des Wertes vom gesetzlichen Erbteil, d.h. von Abkömmlingen 1/8 und von sonstigen Erben 1/4. Dies ist ein Privileg für den Ehegatten, denn ein sonstiger Erbe, der die Erbschaft ausschlägt, erhält auch keinen Pflichtteil!

Zusätzlich wird der Zugewinnausgleich nun nicht mehr pauschal, sondern konkret, also anhand der konkreten Vermögensverhältnisse in der Ehe durchgeführt: von jedem Ehegatten werden Anfangs- und Endvermögen (bei Beendigung der Ehe) ermittelt; die (positive) Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen ist der jeweilige Zugewinn eines Ehegatten. Der Ausgleich findet statt, indem vom höheren Zugewinn so viel an den „ärmeren“ Ehepartner abgeführt wird, dass beide Ehegatten den gleichen Zugewinn haben. Einfaches Beispiel: der Zugewinn des einen sei 500.000,-- €, der des anderen 100.000,-- €. Der Letztgenannte erhält dann 200.000,-- € aus dem höheren Zugewinn. Die Berechnung der Zugewinnsituation muss aber innerhalb der erbrechtlichen Ausschlagungsfrist vorgenommen werden, da andernfalls der Ehegatte seine Erbenstellung behält und es bei dem pauschalen Zugewinnausgleich verbleibt.

Zusammengefasst: bei der erbrechtlichen Lösung erhält der überlebende Ehegatte den gesetzlichen Erbteil und den pauschalierten Zugewinn durch Erhöhung des Erbteils um 1/4 - bei der güterrechtlichen Lösung erhält er zwar „nur“ den Pflichtteil, doch dafür auch den konkret berechneten Zugewinn.

Zur Situation bei Gütertrennung sei nur gesagt, dass die Erbquoten des Ehegatten hier tendenziell geringer sind, dies in Abhängigkeit von der Anzahl der Kinder des Erblassers, welcher bei Zugewinngemeinschaft keine Bedeutung zukommt. Bei Gütergemeinschaft ist von einer Erbquote zu 1/4 auszugehen, doch spielen hier aufgrund des Gemeinschaftscharakters und der Existenz verschiedener Gütertypen auch andere Rechtsgebiete eine  Rolle.